Frau Stampfli, was fasziniert Sie an Licht?
Licht ermöglicht unser Sehen, es beeinflusst unseren Schlaf-Wach-Rhythmus, unsere Emotionen und vieles mehr. Obwohl es lebensnotwendig ist, wird Tageslicht meist als selbstverständlich hingenommen. Allerdings lässt sich auch mit Kunstlicht ein wunderbares Ambiente kreieren. So haben beide – Tageslicht und Kunstlicht – faszinierende Aspekte.
Weshalb ist es relevant, sich mit Tageslicht in der Gebäudearchitektur auseinanderzusetzen?
Menschen halten sich heute vermehrt in Innenräumen auf. Es gibt Studien, die besagen, dass wir 90 Prozent unserer Zeit drinnen verbringen. Auf diese Weise bekommen wir weit weniger Tageslicht ab als benötigt. Zum Vergleich: An einem Sonnentag kann es draussen 100’000 Lux¹ haben, im Büro arbeitet man normalerweise bei 500 Lux. Und auch aus energetischer Sicht ist es sinnvoll, Tageslicht zu nutzen: Es ist gratis und CO²-neutral.
Hat das künstliche Licht das Tageslicht verdrängt?
Ja, leider. Bevor es Kunstlicht gab, hat der Baumeister sein Gebäude und dessen Öffnungen möglichst bewusst und optimal nach der Sonne ausgerichtet. Mit dem Aufkommen des elektrischen Lichts ging diese Notwendigkeit verloren. Heute ist das Wissen um den Einsatz von Tageslicht nur noch ein kleiner Teil der Architekturausbildung. Wir möchten die Thematik wieder stärker ins Bewusstsein rücken und verdeutlichen, wie wichtig Tageslicht für den Menschen ist. Die Tageslichtplanung muss sehr früh im Planungsprozess stattfinden. Lichtgestalter werden von Architekten jedoch meist erst in einer späteren Projektphase fürs Kunstlicht ins Team geholt. Wir von Licht@hslu plädieren für mehr Dialog zwischen den Disziplinen. Einmal jährlich veranstalten wir das Tageslicht-Symposium, wo ein Austausch über genau diese Aspekte stattfinden kann.
1 Masseinheit für Beleuchtungsstärke, das heisst den auf eine gegebene Fläche fallenden Lichtstrom.
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