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Über Mut und Träume

Die junge Laienschauspielerin Jeanine Gut spielt die Hauptrolle in Shakespeares Klassiker «Was ihr wollt». Wie sie den Schritt aufs
Glatteis wagt und sich dennoch nicht verbiegt.

20. Mai 2019Text  Monika Mingot Fotos  Selina Meier

Wie fühlt es sich für dich als Hauptdarstellerin an, auf dem ewl Areal zu spielen?

Es ist eine grosse Ehre, die Hauptrolle des Stücks «Was ihr wollt» in dieser speziellen Umgebung zu spielen. Und auch aufregend, weil es etwas ganz Neues für mich ist. Das ewl Industriegelände lerne ich erst jetzt richtig kennen. Es sind grosse Veränderungen geplant.

Wenn du die Architektin wärst, wie würde das Areal in fünf Jahren aussehen?

Ich würde ein Museum über die Geschichte von ewl planen. Und Woh­nungen, eingebettet in einer Grünfläche mit Rasen, um etwas Natur in die Stadt reinzubringen. Das gäbe einen schönen Kontrast zum «Roten Haus».


«Grundsätzlich versuche ich, mir treu zu bleiben und das zu tun, was ich möchte.»

Für das Theaterstück wird extra eine Eislaufbahn aus synthetischen Eisplatten aufgebaut. Alle Schauspielerinnen und Schauspieler werden mit Schlittschuhen auftreten. Ist das eine besondere Herausforderung für dich?

Auf jeden Fall. Keiner der 22 Schauspieler ist Profi-Eisläufer. Wir mussten also wirklich üben. Eine Trainerin des Eiszentrums Luzern hat uns unter­richtet. Man muss sich nämlich umgewöhnen: Die synthetischen Eisplatten erfordern ein ganz anderes Fahren als Kunsteis. Zum Glück gab es bisher keine gravierenden Stürze, denn wir haben keine Ersatzschauspieler.

In Shakespeares Stück geht es ums Vertauschen von Identitäten. Es erzählt von Liebeswirren in einer Welt voller Liebesrausch. Gibt es Parallelen zu deinem Leben?

Identitätsverwirrung kenne ich persönlich auch. Man gibt vor, jemand anderes zu sein, und weiss am Schluss selbst nicht mehr, wer man wirklich ist. Aber grundsätzlich versuche ich, mir treu zu bleiben und das zu tun, was ich möchte.


War es für dich einfach, in die Rolle der Viola zu schlüpfen?

Die Szene, in der Viola ihren Bruder verliert, ist für mich nicht einfach zu spielen, denn einen solchen Schicksalsschlag habe ich noch nie erlitten – zum Glück. Erstaunlicherweise bereiten mir Liebesszenen weniger Mühe. Wahrscheinlich liegt das an meinen tollen Mitspielern. Die traurigen Szenen fordern mich stärker heraus.

Wie bist du als Laienschauspielerin überhaupt an diese Rolle gekommen?

Ich habe am Radio vom Casting erfahren. Da ich schon in Schultheatern immer gern gespielt habe und früher im Zirkus auftrat, habe ich all meinen Mut zusammengenommen und vorgesprochen. Als man mir die Hauptrolle tatsächlich anbot, war ich überrascht. Ich nahm das Angebot sofort an, musste mein Leben aber ziemlich umkrempeln.


«Ich nahm das Angebot sofort an, musste mein Leben aber ziemlich umkrempeln.»

Inwiefern?

Ich habe meinen Job als Reisezugbegleiterin bei den SBB gekündigt. Mit drei Proben pro Woche kann man nicht Schicht arbeiten. Auch habe ich eine zweijährige Ausbildung an der Schauspielschule in Zürich begonnen. Geld verdiene ich mit Aushilfsjobs. Klar träume ich davon, eines Tages von der Schauspielerei zu leben. Aber es kommt, wie’s muss.

Du bist 21 Jahre jung und gehörst zur Generation Z. Man sagt, die Lust nach Anerkennung treibe sie an. Stimmst du dem zu?

Anerkennung treibt uns doch alle an, das kann man nicht auf eine Generation reduzieren. Vielleicht hat die Generation Z einfach andere Wege, Anerkennung zu suchen.

Was muss geschehen, damit du dich als Viola anerkannt fühlst?

Das ist schwierig zu beantworten. Ich freue mich über Applaus, gutes Feedback und bin aufgeregt, weil die Menschen Eintritt bezahlen, um das Stück zu sehen. Entsprechend möchte ich ihnen etwas bieten.


Zur Person

Jeanine Gut ist 21 Jahre alt und lebt in Luzern. Die gelernte Kauffrau macht eine Ausbildung an der Schauspielschule Zürich und hat ihren ersten grossen Auftritt als Viola im Shakespeare-Stück «Was ihr wollt».


Wie gehst du mit Lampenfieber um?

Daran arbeite ich und habe auch einige Praktiken für mich entwickelt. Ich weiss, dass ich das Beste gebe, das hilft. Und Gähnen hilft auch. Man kann nicht gähnen und gleichzeitig nervös sein. Kommen wir nochmals zurück zum «Roten Haus». Es bleibt auch nach der Neuüberbauung als Solitär stehen.

Könntest du dir vorstellen, in diesem Haus zu wohnen?

Im heutigen Zustand eher weniger, aber wenn man es ausbauen und renovieren würde, wieso nicht? Es ist ein Haus mit Geschichte und beson­derer Ausstrahlung. Ich könnte mir grundsätzlich vorstellen, auf dem Areal zu wohnen. Die Lage ist zentral und doch ruhig.

Welches sind deine Pläne nach der Derniere am 13. Juli 2019?

Dann möchte ich mal wieder ein regelmässigeres Einkommen. Ich bin aber kein Mensch, der weit in die Zukunft plant, sondern finde es spannend zu sehen, was kommt.


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