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Wenn aus Weihnachtsbäumen Energie wird

Nachhaltige Energie lässt sich nicht nur aus Wind, Wasser oder Sonne erzeugen, sondern auch aus Grüngut, Mist – oder ausrangierten Weihnachtsbäumen. In der Biogasanlage von SwissFarmerPower Inwil werden seit 2008 Treibstoff, Strom und Wärme erzeugt. Denn das hier produzierte Luzerner Biogas wärmt dank ewl Gebäude in der Zentralschweiz.

19. Januar 2022Text  Sarah Schumacher Fotos  Pascal Berger Video  Pascal Berger

Energie muss nachhaltiger werden: Dieser Mission des Bundes stimmte das Schweizer Stimmvolk mit der Annahme der Energiestrategie 2050 im Jahr 2017 zu. ewl energie wasser luzern investiert intensiv in die Entwicklung innovativer Anlagen zur Produktion erneuerbarer Energien, um das Endziel Netto-Null-Emissionen bis 2050 erreichen zu können. Im Fokus der letzten Jahre standen insbesondere der Ausbau des Fernwärmenetzes sowie die Förderung der See-Energie. Als Gründungsaktionärin unterstützt ewl die SwissFarmerPower Inwil (SFPI) seit ihrer ersten Stunde. Auf dem SFPI-Areal wird Biogas seit 2008 aus natürlichen Ressourcen hergestellt und von dort direkt ins Gasnetz von ewl eingespeist. So gelangt die erneuerbare Energie aus organischen Abfällen wie Grüngut, Gülle, Garten – oder industriellen Abfällen direkt in die Haushalte und Unternehmen in der Region.


Energie aus organischen Abfällen

70’000 Tonnen Material werden jährlich in Inwil verarbeitet. So entstehen durchschnittlich pro Woche 105’000 Kubik Biogas beziehungsweise Methan. Mit dieser Menge würde ein Auto eine Million Kilometer weit fahren. «Unsere Energieleistung hängt aber stark von der Menge der organischen Rohstoffe ab, die wir für die Methanerzeugung verwenden können», erklärt Philip Gassner, der seit 2010 die Geschäfte der SFPI leitet. «Der Januar und Februar sind eher schwache Monate, weil nur wenig Grüngut anfällt.» Einen wichtigen Beitrag zur Energieerzeugung leisten dann die Weihnachtsbäume aus Luzerner Haushalten. Genauer gesagt: die Zweige und Nadeln. «Ihr Harz ist extrem gehaltvoll und ermöglicht kurzfristig eine unerwartet hohe Gasproduktion», so Gassner. Wie in Inwil Nadeln zu Biogas umgewandelt werden, ist faszinierend.


In der Biogasanlage werden die organischen Abfälle zu Methan beziehungsweise Biogas umgewandelt. Dafür sorgen Bakterien, kleinste Lebewesen, die kontinuierlich im optimalen Verhältnis «gefüttert» werden. Dieser Prozess ist enorm komplex: Je nach Material ist eine bestimmte Temperatur und Feuchtigkeit nötig. Die Mitarbeitenden der SwissFarmerPower wissen genau, welche Hebel sie für die maximale Energieausbeute stellen müssen.


«Damit wir aus organischen Abfällen die maximale Energie-Menge gewinnen, müssen wir diesen Prozess mit viel Feingefühl steuern.»

Philip Gassner, Geschäftsführer der Biogasanlage SwissFarmerPower Inwil


Biogas bietet spannende Möglichkeiten

Die SwissFarmerPower Inwil versteht sich als Energiezukunftsanlage. «Wir produzieren schon heute erneuerbare Energie von morgen», erklärt Philip Gassner. Mit «morgen» spricht er eine Möglichkeit an, die heute noch nicht ausgeschöpft wird, denn aktuell wird Biogas hauptsächlich als Antrieb für Fahrzeuge sowie als Wärmelieferant für private Haushalte genutzt. Biogas birgt aber ein weitaus grösseres Potenzial, nämlich für Hochtemperaturprozesse in der Industrie. Diese noch ungenutzte Chance sieht auch Patrik Rust, CEO von ewl: «Biogas ist ein sehr hochwertiges Gut und eigentlich fast zu schade, um damit eine Wohnung zu heizen. Energie sollte immer dort eingesetzt werden, wo die Alternativen limitiert sind.» Der ideale Einsatzort von Biogas sieht er zum Beispiel beim Schmelzen von Stahl, wo bis zu 1’000 Grad nötig sind. «Biogas hat diese Fähigkeit, doch noch ist der Preis im Vergleich zu fossilen Alternativen nicht wettbewerbsfähig genug. Das wird sich ändern.»


«Biogas ist ein wichtiger Teil des Energiemixes von ewl. Unser Ziel ist eine intelligente Kombination von unterschiedlichen erneuerbaren Ressourcen, wenn möglich aus der Region.»

Patrik Rust, CEO ewl energie wasser luzern


Natürliche Kreisläufe schliessen

Bis sich der Preis für neue Märkte einpendelt, wollen Philip Gassner und sein Team die bisherige Wertschöpfungskette der Biogasanlage weiter optimieren. Obwohl schon heute viele Kreisläufe geschlossen werden und Stoffe aus der Natur in die Natur zurückgegeben werden, sind Verbesserungen möglich. Zum Beispiel beim CO2-Ausstoss: «Unser Ziel ist es, das CO2, das bei der Herstellung von Biogas entsteht, nicht nur der Pflanzenwelt zurückzugeben, sondern es technisch nutzbar zu machen», so Gassner. Pflanzen stellen aus CO2 und Sonnenlicht Biomasse her und setzen wiederum Sauerstoff frei. Ein weiteres Potenzial liegt in der Optimierung der Vergärungsprozesse. SFPI und ewl tauschen sich dafür regelmässig mit anderen Unternehmen aus. «Aktuell prüfen wir, ob und in welcher Form weitere Möglichkeiten zur Gewinnung von Biogas in industriellen Prozessen, Kläranlagen oder landwirtschaftlichen Abfällen liegen», sagt Patrik Rust. Zudem scheint auch in der Zusammenarbeit mit Kläranlagen noch Energiepotenzial zu liegen. Um das Energieproblem zu lösen, braucht es die Kombination verschiedener sinnvoller Massnahmen. Biogas ist eine davon.


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Zur Person

Patrik Rust ist seit Mai 2021 CEO von ewl energie wasser luzern. Zu ewl stiess er bereits 2003 und war ab 2013 Leiter Gas-, Wasser- und Wärmenetze sowie Mitglied der Geschäftsleitung.

Philip Gassner führt seit 2010 die Geschäfte der SwissFarmerPower Inwil. Er hat einen landwirtschaftlichen Hintergrund und ist Ingenieur Agronom FH. Zuvor war er in einem landwirtschaftlichen Handelsunternehmen in der Schweiz tätig.

 


Mehr Energie aus der Region

Gas soll erschwinglich bleiben, aber auch nachhaltiger werden. Deshalb setzt ewl auf einen Mix aus 20 Prozent Biogas – einen Teil davon aus lokaler Produktion – sowie 80 Prozent Gas aus fossilen Ressourcen. Bei einem Jahresverbrauch von 10'000 Kilowattstunden Gas kostet der Aufpreis auf ewl Mixgas nur rund neun Franken oder zwei Tassen Kaffee pro Monat. Mehr Informationen finden Sie auf unserer Webseite.

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