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WEKO-Entscheid: Gasmarktgesetz dringender denn je

04.06.2020

Die ewl Energie Wasser Luzern Holding AG (ewl) und die Erdgas Zentralschweiz AG (EGZ) haben sich im Zusammenhang mit der Untersuchung der WEKO wegen einem abgelehnten Netzzugangsgesuch einvernehmlich geeinigt. Angesichts der bestehenden Rechtsunsicherheiten und der Arbeiten des Bundes an einem entsprechenden Gasversorgungsgesetz betrachten ewl und die EGZ die Busse als nicht gerechtfertigt.

Im Frühling 2017 stellte ein privater Kleinkunde ein Netzzugangsgesuch, um den Transport von Erdgas für seine Heizung über das Hochdruckleitungsnetz der EGZ und das Niederdruckleitungsnetz von ewl bis zu seinem Hausanschluss zu ermöglichen. Weil für dieses Begehren keine rechtliche und auch keine abwicklungstechnische Grundlage bestand, konnten ewl und die EGZ die Durchleitung nicht ermöglichen. Daraufhin reichte der Kunde im Juni 2017 eine Anzeige bei der WEKO ein. Das darauffolgende Verfahren ist am 25. Mai 2020 zu einem Abschluss gekommen. ewl und die EGZ akzeptieren diesen heute von der WEKO kommunizierten Entscheid, halten aber fest, dass ihre Verhaltensweise aufgrund des regulatorischen und wirtschaftlichen Umfelds kein Fehlverhalten darstellt und ein Bussgeld nicht angemessen ist.

Der Grund für die unbefriedigende Situation liegt darin, dass im Gasmarkt Rechtsunsicherheit und eine konkurrierende Zuständigkeit der Behörden besteht. Der Bund hat das bereits 2014 festgestellt und die Arbeiten für ein Gasversorgungsgesetz eingeleitet. Im Herbst 2019 hat der Bund den Entwurf des Gasversorgungsgesetzes vorgelegt, das eine Teilmarktöffnung und keine vollständige Öffnung vorsieht. «ewl und die EGZ fallen hier zwischen Stuhl und Bank zweier konkurrierender Behörden», sagt Stephan Marty, CEO von ewl.

Dennoch haben sich ewl und die EGZ im Verlauf der gesamten Untersuchung immer kooperativ gezeigt. Sie haben sich frühzeitig und freiwillig zur Verfügung gestellt, im Rahmen einer einvernehmlichen Regelung ein Modell für den freien Marktzugang in ihren Versorgungsgebieten zu entwickeln und voranzutreiben. ewl und die EGZ haben sich sowohl vor wie auch während dem Verfahren bemüht in dem höchst komplexen Umfeld eine regelkonforme, marktfähige Lösung zu finden.

Mit der Genehmigung der einvernehmlichen Regelung durch die WEKO wurde nun eine minimale Rechtsicherheit geschaffen, welche es ewl und der EGZ erlaubt, den Markt in der Zentralschweiz vollständig zu öffnen. Die Liberalisierung der Schweizer Gaswirtschaft auf dem Weg des Kartellgesetzes führt jedoch zu unkoordinierten Marktmodellen der verschiedenen Gasversorger und zu einem heterogenen für die Kunden unattraktiven, nicht effizienten Markt. «Eine Gasmarktöffnung braucht eine gesetzliche Grundlage zur schweizweiten Koordination und zur Beseitigung der bestehenden Rechtsunsicherheiten, so wie es der Bund vorsieht», hält Stephan Marty fest. «Ein Gasmarktgesetz ist dringender denn je.»

Schon früh hatten die Schweizer Gasversorger versucht, die schwierige Situation zu klären und im Rahmen einer Verbändevereinbarung den Markt schrittweise zu öffnen. Seit 2012 haben industrielle Grosskunden die Möglichkeit, den Netzzugang zu beantragen und ihren Lieferanten frei zu wählen. Vor in Krafttreten wurde diese Verbändevereinbarung auch der WEKO zur Prüfung vorgelegt.

Mit der Antwort der Wettbewerbsbehörde wurde in Bezug auf die Marktzugangskriterien keine Rechtssicherheit geschaffen. Vielmehr liess die Wettbewerbsbehörde die konkrete Beurteilung offen und verwies auf eine mögliche spätere Einzelfallprüfung. Wenn auch die Behörde vorab nicht beurteilen kann, ob ein Verhalten zulässig ist oder nicht, kann dies auch von ewl und der EGZ nicht erwartet werden. Deshalb sehen ewl und die EGZ kein Fehlverhalten und hätten es als angemessen erachtet, wenn die WEKO angesichts der aktuellen Situation und den Aktivitäten des Bundes im Zusammenhang mit dem Gasversorgungsgesetz auf eine Sanktion verzichtet hätte. In vergleichbaren Situationen haben die Behörden den untersuchten Unternehmen zudem die Möglichkeit gegeben, ihre Verhaltensweise an die neu geschaffenen Rahmenbedingungen anzupassen, ohne sanktioniert zu werden. Dies wurde ewl und der EGZ nicht gewährt.

Das von der WEKO eingeleitete Verfahren brachte ewl und die EGZ unvermittelt in den Mittelpunkt der laufenden Diskussion rund um die Marktöffnung des Schweizer Gasmarktes. Die unterschiedlichen Absichten der involvierten Behörden führen zu einer paradoxen, unhaltbaren Situation: Während die WEKO im Verfahren gegen ewl und die EGZ auf eine vollständige Marktöffnung drängt, schickte das Bundesamt für Energie zeitgleich das neue Gasversorgungsgesetz mit einer Teilmarktöffnung in die Vernehmlassung. ewl und die EGZ werden für ein Verhalten gebüsst, das demnächst vermutlich durch das Gasversorgungsgesetz sogar vorgeschrieben wird. Kleinkunden, die nun ihren Lieferanten frei wählen können, müssten dann wieder von ewl beliefert werden.