26.11.2020 | Aktualisiert am 07.08.2024 | Lesezeit: 4min
Free Cooling: Natürlich kühlen mit See-Energie
Eine der nachhaltigsten Energiequellen ist Seewasser. Immer mehr Luzerner Haushalte und Gewerbegebäude werden durch die Wassermassen des Vierwaldstättersees temperiert. Für die Nutzung der innovativen Seewasserkühlung sprechen wasserfeste Argumente.
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Text Julia Kliewer
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Fotos Selina Meier ewl
Inhalt
Wasserreservoir. Doch der Vierwaldstättersee ist weit mehr: In ihm schlummern gewaltige Energiereserven, die für eine umweltschonende Kälte- und Wärmeversorgung genutzt werden können. Rolf Samer, Mitglied der Geschäftsleitung ewl, ist von dieser Energieform überzeugt: «See-Energie bietet verschiedene Anwendungsmöglichkeiten. Im Sommer und bei warmen Temperaturen versorgt die Anlage angeschlossene Gebäude mit Kälte, während sie im Winter das Gegenteil leistet und in den Wohnungen für eine wohlige Wärme sorgt.»
Free-Cooling-Prinzip
Für die Kühlung mit Seewasser kommt das Prinzip des sogenannten Free Cooling zum Tragen. Von Free Cooling spricht man, wenn ein Gebäude frei – das heisst ohne Kältemaschine – gekühlt wird. Free Cooling nutzt die tiefe Wassertemperatur im See und leitet die Kälte direkt in die Wohn- oder Gewerbegebäude unserer Kundinnen und Kunden», erklärt Rolf Samer die Funktionsweise. Auf den Betrieb einer energieintensiven Kälteanlage kann verzichtet werden. Auf dem Weg in eine nachhaltige Energiezukunft sei die zentrale Nutzung von Seewasser ein wichtiger Schritt, so Samer. «Dank See-Energie können wir den Einsatz von Strom reduzieren. Plus: Die umweltschonende Kälte wird lokal produziert und genutzt – die Wertschöpfung bleibt in der Region.»
See-Energie – kurz erklärt
Die Wassertemperatur im Vierwaldstättersee beträgt in einer Tiefe von 30 bis 40 Metern während des ganzen Jahres konstant fünf Grad. Aus dieser Tiefe fördert eine Pumpe das Wasser in eine See-Energie Zentrale. Dort wird dem Seewasser mit dem Wärmetauscher Wärme oder Kälte entzogen und an ein separates Versorgungsnetz übergeben. Aus diesem Netz können die angeschlossenen Quartierzentralen Energie beziehen. Auf diese Weise können Wohnungen kühl oder warm gehalten sowie heisses Wasser aufbereitet werden. Nach der Nutzung wird das Seewasser mit einer maximalen Temperaturdifferenz von drei Grad zurück in den See geführt. Für das Ökosystem sei das nachgewiesenermassen unbedenklich, erklärt Rolf Samer. In der Nähe der Rückgabestelle ist mit Temperaturschwankungen von gerade mal etwa 0,1 Grad zu rechnen.
Dank See-Energie kann der Einsatz von fossilen Energieträgern erheblich reduziert und die CO2- sowie Schadstoffemissionen können minimiert werden.
«Cool» für Wohn- und Gewerbebauten
Im Wohnbereich bietet See-Energie eine ideale Lösung, da heute moderne Wohngebäude vielfach mit grosszügigen Fensterfronten ausgestattet sind. Durch die starke Sonneneinstrahlung im Sommer erwärmen sich Innenräume so noch stärker – die Nachfrage nach einer ökologischen Klimaregulierung steigt. Aktuelle Bauprojekte wie das 2’000-Watt-Areal Schweighof www.schweighof-luzern.ch Link öffnet in neuem Fenster. in Kriens oder die Wohnüberbauung MOYOwww.moyo-horw.ch/moyo Link öffnet in neuem Fenster. in Horw setzen auf See-Energie. Free Cooling ist aber auch für Gewerbebauten und grosse Dienstleistungsbetriebe interessant. Büro- und Gewerberäume müssen höchste klimatische Anforderungen für Mensch und Maschine erfüllen. Für effizientes Arbeiten ist ein angenehmes Raumklima eine Grundvoraussetzung. Daneben sorgt See-Energie auch in Serverräumen für optimale Kühlung.
Erprobtes auf dem neuesten Stand der Technik
See-Energie hat sich längst bewährt: Bereits seit 30 Jahren wird Seewasser als natürliche energetische Ressource in der See-Energie Zentrale Inseliquai genutzt. Mit dem Ausbau und der Sanierung der Anlage wird das See-Energie-Netz in Luzern auf den neuesten technologischen Standard gebracht und erweitert. Ein Bestandteil davon ist die neue und tiefere Leitung in den See. Bis 2023 sollen damit auch ein Teil der Kleinstadt und der Neustadt sowie das Tribschengebiet versorgt werden. Parallel dazu entsteht ein weiteres wegweisendes Projekt: eine neue See-Energie Zentrale im Horwer Seefeld, welche Seewasser aus der Horwerbucht des Vierwaldstättersees bezieht. Laut Rolf Samer ist geplant, dass die Anlage rund 6’800 Haushalte in den Gebieten Horw Mitte und Kriens mit Energie versorgt.
Nutzeffekte für Umwelt und Kunden
Dank beiden Anlagen können die Energiereserven des Sees zukünftig noch stärker zum umweltverträglichen Kühlen und Heizen genutzt werden. Darüber freut sich Rolf Samer, denn er sieht in der Nutzung der See-Energie viele Vorteile: «Die Energiequelle ist lokal vorhanden und ermöglicht eine lange und sichere Energienutzung. Die Transportwege sind kurz. Der Anschluss an das Energienetz ist technisch einfach und die Betriebssicherheit hoch. Kundinnen und Kunden profitieren davon, dass sich keine saisonalen Preisschwankungen für Brennstoffkosten ergeben. Zudem braucht es keinen Energiespeicher, weil die Energielieferung sich jederzeit nach dem Kundenbedürfnis richtet.» Das überzeugt – eine wasserdichte Argumentation eben.
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